Wie gesagt, ich sollte lernen. Routiniert habe ich heute morgen (wohl eher Mittag), bevor ich mich motiviert auf die Bücher geschmissen habe (nachdem mir wirklich nicht mehr eingefallen ist, was ich sonst noch machen könnte) mal darum gekümmert, meine karge iTunes-Bibliothek (karg aufgrund eines Festplattencrashs vor meiner letzten Prüfung) aufzumöbeln, also Musik besorgt. Dabei wurde ich in dem Blog eines Freundes, der dort seine Top-Alben 2010 gelistet hat, auf gleich mehrere 'Fortsetzungen' aufmerksam. So auch auf das neue Album vom Guincho. Durch Zufall kam ich durch eine Freundin in Spanien mal zu seinem Vorgängeralbum. Ich hab es mir geben lassen, einfach um mal wieder neue Musik zu haben. Als ich kurz reingehört habe, klang das lustig und fröhlich und ich dachte vielleicht höre ich das mal, wenn ich in der Stimmung für lustige und fröhliche Musik bin. Als dieser Punkt kam (ich weiß nicht mehr, ob ich der Stimmung für lustige und fröhliche Musik war oder ob ich in die Stimmung kommen wollte), fand ich das auch ein, zwei Lieder lang lustig, aber irgendwann musste ich die Musik wechseln, weil die vielen Tonspuren mit den unterschiedlichen schnellen Rhythmen gepaart mit dem Madrider Großstadtgewimmel, das mich zu dieser Zeit umgab, doch zu viel Reizüberflutung darstellte.
Nach diesem ersten Versuch mit dem Guincho haben wir erstmal nicht mehr viel 'voneinander' gehört. Bis das Video zu seinem Lied Bombay herauskam und es als viral bis nach Deutschland geschafft hat, wo ich inzwischen wieder wohne. Das Video ist auch wirklich klasse: zum einen einfach modisch im Stil des Malasaña-Modernismo gehalten (die Freundin, die mir das Video gezeigt hat meinte auch paar bekannte Gesichter aus dem Madrider Ausgeh-Viertel wiedererkannt zu haben – obwohl der Musiker in Barcelona lebt; aber die Moderno-Welt ist wohl klein...) mit vielen interessanten assoziativen Bildern, Referenzen und wahnsinnigen match-cuts im Rhythmus des Liedes. Kurz, ein Video, das ich selber gerne mal machen würde. Und in dieser Kombination gefällt mir nun auch das Lied.
Wie gesagt, heute habe ich mir das Album, auf dem das besagte Lied des Spaniers (oder eher gesagt Kanaren; meiner Erfahrung nach betonen das die Inselgeborenen gerne, als ob sie so eine herausragende Charaktereigenschaft erklären würden oder einfach schon von vorneherein in die Schublade gesteckt werden wollen (als ob man das nicht sowieso hören würde...); genauso ungern bezeichnen sich die Barceloneser, die Mallorquiner und natürlich die Basken als Spanier; wo kämen wir dahin? Leider ist mir jeglicher Lokalpatriotismus unverständlich (obwohl ich aus „mir-san-mir“-Bayern stamme); Liebe nicht-spanischen Spanier und Lokalpatrioten anderer Länder: Ihr müsst doch auch sehen, dass in Zeiten, in denen die Welt zu einem globalen Dorf zusammenwächst, die primäre Identifikation mit dem lokalen Umfeld einen Anachronismus darstellt; warum schließt ihr euch nicht dem allgemeinen Trend an und definiert eure Identität über Lebenswelten??)... äh ja, das Album, auf dem das besagte Lied des Künstlers ist besorgt. Joa, ich muss sagen: ganz nett, äh, gut. Gefällt mir.
Jetzt ist die Frage: liegt das an dem bescheuerten Video oder hat sich mein Geschmack geändert? Oder ist dieses Album einfach nur besser? Um es mal professioneller auszudrücken (man bereitet sich ja nicht umsonst parallel auf einen Magister Artium-Abschluss vor): Hat sich durch die Änderung des äußeren Rahmens (nach Goffman) oder des Dispositivs die mit dem Inhalt verbundene persönliche Wertung geändert oder stieß die wiederholte Rezeption auf andere persönliche Prädisposition, die mich den Inhalt anders auslegen ließen?
Um das herauszufinden, werde ich mir wohl nochmal die Rezeption des Vorläuferalbums antun müssen. Und zwar in der ruhigeren Umgebung von Leipzig. Ich werde von meinen Erfahrungen berichten..
und auch von meinem Erlebnis der Rezeption der Fortsetzung von Crystal Castles – das andere Album, das in der erwähnten 2010-Liste als Fortsetzung aufgefallen ist. Als sequel scheint auch die Band dieses Album gesehen zu haben: Der Einfachheit halber haben sie nach dem letzten Album, das schon wie die Band hieß, die 2010-LP Crystal Castles II genannt.
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